Mit dem allgemeinen Aufbau entwickelte sich auch wieder langsam das kulturelle Leben. Ich denke dabei an die Tanzvergnügen. Damals hatten wir in Wittenberg noch verschiedene Säle wo wir an den Wochenenden zum Tanz gehen konnten. Ich erinnere mich an die Gaststätten: Heidekrug, Thüringer Hof, Muths Festsäle, Balzers Festsäle, Sichlers Garten, Kühler Grund, Palmbaum, Theils Garten, Stadt Mailand und Teucheler Hof.
Es kam auch vor, dass einzelnen nachts vom Tanz nach Hause gehenden Personen von den Russen Schuhe oder Mäntel ausgezogen wurden.
Innerhalb einer Woche war er von den Siedlern das kleine Wäldchen neben dem Beständelager gerodet und mit Handwagen als Heizmaterial nach Hause gefahren worden.
In den Tonschichten der Reinsdorfer Tongruben waren teilweise auch schwache Kohleschichten eingeschlossen. Diese wurden, soweit es möglich war, mit Hacke und Spaten ausgebeutet.
Da es kein Heizmaterial zu kaufen gab, versuchten viele sich von den Kohlenzügen der Reichsbahn Brikett zu klauen. Bei der Ausfahrt aus dem Wittenberger Bahnhof steigen die Schienen in Richtung Falkenberg und Berlin stark an, so das die langen Kohlenzüge nur langsam fahren konnten. Männer, Frauen und Kinder kletterten während der Fahrt auf die Loren und warfen Brikett runter. Dabei gab es auch Unfälle.
In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass neben vielen Industrieanlagen auch jeweils das zweite Gleis der Bahnstrecken abgebaut und in die SU verschickt worden waren.
Anfang Februar 1947 veranstalteten wir in Friedrichstadt die ersten Jugendfastnachten. Der Ablauf war etwa folgendermaßen:
In einer vorausgehenden Versammlung wurden die Anzahl der sich beteiligenden Mädchen und Jungen ermittelt, Termin und Lokal festgelegt und die beiden Platzmeister gewählt. Die Platzmeister waren verantwortlich für die Organisation und Einladungen.
Geschäftsleute und Prominente wurden, auf finanzielle Unterstützung hoffend, persönlich eingeladen. Es musste die genaue Teilnehmerzahl der Jungen und Mädchen ermittelt werden, denn für jedes Mädchen wurde ein Junge bzw. für jeden Jungen ein Mädchen gebraucht.
Ging diese Zusammensetzung nicht auf, mussten aus der Schlossvorstadt oder den Nachbargemeinden entsprechende Partner eingeladen werden.
Am Festtag traf sich alles nachmittags zur vereinbarten Zeit in der Gaststätte. Die Platzmeister trugen Hüte und bekamen von den Mädchen bunte Bänder an das Jackett geheftet.
Die Mädchen stellten sich vor der Bühne und die Burschen am Saaleingang auf. Dann begann das "Antanzen".
Die Platzmeister holten nacheinander die Mädchen und führten sie den Jungen zu. So bekam jedes Mädchen ihren "Fastnachtsburschen". Da diese Paare für den gesamten Tag zusammengehörten, war natürlich alles gespannt, wer zu wem kommt.
Wenn die Paare angetanzt waren begann der Tanz für die Gäste. Dazu mussten die Herren aber auch angetanzt werden. Die Platzmeister holten Mädchen und vertrauten diese dem Herrn an. Der bekam von dem Mädchen eine Tanzmarke angeheftet und meist gab es dann noch ein paar Mark für die Kasse.
Um die Kasse aufzufüllen bekamen prominente Gäste oder die Geschäftsleute noch Extratouren.
Die Platzmeister durften den Saal nicht gleichzeitig verlassen. Wurde so etwas bemerkt, gab es einen Tusch und sie mussten eine Runde für die Fastnachtsjugend bezahlen.
In der Abendbrotpause nahmen die Mädchen ihre Herren mit nach Hause. Es spielte dabei keine Rolle ob das Mädchen ein Bauernmädchen oder eine Dienstmagd war.
Vor dem Krieg wurde dann am nächsten Morgen "gezembert". Die Fastnachtsjugend ging am Morgen von Haus zu Haus zempern. Da bekamen sie Würste, Schnaps oder Geld. Dieses wurde dann am Abend zum Schlappenball mit verzehrt.
1947 war ich einer der Platzmeister. Da die Versorgungslage nach dem Krieg aber noch sehr angespannt war, zemperten wir nicht.
Der Schlappenball fand im Kühlen Grund statt.
Damit war ein gewisser Anfang für ein gemeinsames Jugendleben geschaffen worden. Mit der Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr und eines Jugendchores sollte es fortgesetzt werden. Aus beiden wurde nichts. Für die Feuerwehr bekamen wir, wahrscheinlich aus politischen Gründen, keine Unterstützung und aus dem Chor wurde ebenfalls aus politischen Gründen nichts.
Damals ging der Trend dahin russisches Liedgut zu verbreiten. Aus Antipathie gegen die Russen, obwohl wir das "Lied vom Glöckchen" oder "Suliko" sehr gern hörten, wurde aus der Chorgründung nichts. Unsere Mädchen wollten keine russischen Lieder singen.
1948 veranstalteten wir in der Karlstraße und 1949 in der Glöcknerstraße ein Ringreiten.
Daran beteiligten sich die Burschen der Fastnachtsjugend mit ihren Fastnachtsdamen. Bereits am Vortage wurde das Tor aufgebaut und abends gemeinsam die Girlande geflochten. Am Festtage trafen sich alle vor der Gaststätte "Zwei Linden". Die Mädchen schmückten die Pferde ihrer Herren mit einem kleinen Blumensträußchen an der Trense (Zaumzeug). Mit einem kleinen Umzug ging es zum Kampfplatz.
Vornweg fuhr ein mit vier Pferden bespannter Wagen auf dem sich die Kapelle befand.
Beim Wettbewerb musste das Tor von jedem Reiter mehrmals im Galopp durchritten werden und dabei der an der Querstange hängende Ring mit einer Astgabel abgehängt werden. Schiedsrichter achteten auf die Einhaltung der Regeln.
Die Gabeln bestanden aus etwa 80 cm langen Haselnusszweigen an deren vorderen Ende sich gegabelte Spitzen befanden. Abends gab es dann einen Reiterball. Die Sachpreise für die Sieger waren von Geschäftsleuten oder anderen Personen gespendet worden.
1949 fand in Trajuhn auf dem Windmühlenberg ein Bezirksringreiten statt. Hier standen die Reiter von Euper/Abtsdorf, Trajuhn, Teuchel und Friedrichstadt im Wettstreit. Der erste Preis ging nach Abtsdorf, der zweite nach Friedrichstadt und der dritte nach Trajuhn.
Die Friedrichstädter waren die Mannschaftssieger. Der Reiterball fand in "Stadt Mailand" statt.
Am 30. Juni 1949 fand auf dem Tauentzienplatz ein großes Reit- und Fahrturnier statt. Mannschaften aus Wittenberg, der Elbaue, dem Fläming und eine Wittenberger Damenmannschaft kämpften gegeneinander.
Ich weiß nicht mehr warum, aber das Reiten schlief bald wieder ein. Erst als mit Fritz Mierisch eine GST-Gruppe "Reitsport" gegründet wurde, erlangte diese Sportart wieder eine gewisse Bedeutung und auf Papperts Brache auf der Jagdschanze fanden noch mehrere Turniere statt.
Über viele Jahre traf sich eine Gruppe landwirtschaftlicher Jugendlicher vom Herbst bis zum Frühjahr Montags bei "Emma" in der "Grünen Tanne" zum Billardspiel.
Während der Sommermonate wurde es eingestellt. Eine Busfahrt wurde in jedem Jahre durchgeführt.
Autos und Motorräder waren nur wenige über den Krieg gerettet worden.
Das Benzin wurde damals schwarz mit 15,00 RM als Feuerzeugbenzin gehandelt. Man durfte trotzdem nur fahren, wenn man vom Rat des Kreises einen Fahrbefehl hatte. Dieser galt aber nur in der Woche, Sonntags brauchte man einen "Sonntagsfahrbefehl".
In dieser Zeit machte ich auch den Führerschein mit den Klassen 1 und 3.
Das war auch ein Erlebnis der besonderen Art.
Mein Freund Heinz studierte in Dresden an der Technischen Hochschule und hatte Weihnachtsferien. Sein Vater war mit einem Fahrschullehrer gut bekannt und hatte mit dem vereinbart, dass Heinz während der Weihnachtsferien den Führerschein machen kann. Ich durfte mich anschließen. Das lief wie folgt ab:
Am Vormittag des 2. Weihnachtsfeiertages trafen wir in Pratau in der Gaststätte "Zum Freischütz" mit anderen Fahrschulteilnehmern zusammen. Der Fahrlehrer erzählte uns ein paar Stunden etwas von der Vorfahrt, von Verkehrszeichen und vieles andere, was mit Fahrschule nichts zu tun hatte.
Heinz und mich bestellte er dann für den nächsten Vormittag zum Kreispolizeiamt in die Dr. Kurt Fischer Straße. Er erwartete uns dort in seinem Opel P4 zur Fahrstunde. Heinz musste als erster fahren und zwar von der Polizei durch die Kollegienstraße bis zur Post. Dort wurde gewechselt und ich fuhr durch die Sternstraße bis zur Gaststätte "Palmbaum". Dort war für uns Schluss. In der Kneipe mussten wir für den Fahrlehrer noch ein paar Bier und ein paar Schnäpse ausgeben und konnten dann nach Hause gehen.
Am nächsten Tage sollten wir uns Nachmittags in der Lutherstraße (dort wohnte ein Mann vom Technischen Überwachungsverein) einfinden, um dort die Prüfung abzulegen. Für die Prüfung sollten wir ein Motorrad mit über 300 ccm Hubraum und eine Flasche Schnaps mitbringen. Ich sagte dem Fahrlehrer, dass mein Motorrad nur 250 ccm hat. Er winkte ab und sagte: "Das macht nichts".
Die Motorradprüfung bestand für jeden in der Aufgabe, in der Lutherstraße etwa 100 m fahren, wenden und wieder zurück.
Daran schloss sich die PKW-Prüfung an. Heinz fuhr mit dem P4 durch die Sternstaße zum Palmbaum. Dort legten die Prüfer eine ausgiebige Pause ein, die wir finanzierten.
Es war schon lange dunkel geworden als ich die Rückfahrt ausführen musste. Ich fuhr vom Palmbaum bis zur Cavalierkaserne, durch die Lutherstraße bis zu Muths, Lutherhaus, Markt und wieder zur Lutherstraße.
Danach gingen wir zur theoretischen Prüfung ins Haus. Heinz musste die Flasche auf den Tisch stellen und während diese von der Prüfungskommission geleert wurde, beantworteten wir die verschiedensten Fragen.
Als wir dann nach Hause wollten kam auch der Fahrlehrer mit. Auf der Straße zeigte er auf ein Licht und sagte: "Bis dahin fahren wir". Es war Muths Gasstätte. Wir mussten ihm dort noch zwei Schnäpse kaufen und dann fuhren alle zufrieden nach Hause.
Zwei Tage später holten wir unseren Führerschein bei der Polizei ab.
Bis heute bin ich bis auf einen Glatteisunfall unfallfrei gefahren.
Für die Getreideernte benötigten die Bauern Bindegarn. Solches wurde in der Filmfabrik Wolfen hergestellt. Ich knüpfte mit dem verantwortlichen Wolfener Einkäufer Verbindungen an.
Gemeinsam mit der VdgB und der Gemüseerfassungsstelle im "Grauen Wolf" wurde ein Tausch, Gemüse gegen Bindegarn, ausgehandelt. Nachdem ein Lastzug Gemüse abgeholt worden war, gab es Ärger, und die Sammelstelle durfte kein Gemüse mehr an die Wolfener verkaufen.
Daraufhin vereinbarten wir mit der Filmfabrik, dass das Gemüse nachmittags zu uns gebracht wird, um am nächsten Morgen von den Wolfenern abgeholt zu werden.
Das Gemüse stand da. Es kam aber kein Lastzug sondern nur der Einkäufer mit dem PKW. Er sagte mir, dass ihre LKW nicht mehr nach Wittenberg dürfen und wir müssten das Gemüse selbst nach Wolfen bringen.
Unser VdgB-Vorsitzender besorgte von der Mühle Gebr. Düben einen LKW und ich fuhr zu Hermann Steinkopf. Der alte Friedrichstädter Kommunist war jetzt der stellvertretende Polizeichef von Wittenberg geworden und ich versuchte von ihm eine Transportgenehmigung zu erhalten, denn auf der Elbbrücke standen Volkskontrollposten die unseren Handel gefährdeten. Ich erhielt zwar keine Bescheinigung, aber er sagte mir, dass die Kontrollen früh um vier Uhr beginnen. Wir fuhren aber schon um ½ 4 Uhr über die Brücke und hatten am Nachmittag das Bindegarn in Wittenberg.
Die Elbe hatte im Winter 1947/48 Hochwasser und war zugefroren. Mitte März kam Tauwetter.
Am 29.1. feierten wir in Balzers Festsälen - Haus der Einheit - und am Ende "Haus der Offiziere", den Ball der ehemaligen Landwirtschaftsschüler.
Ich gehörte zu den Organisatoren. Wir verkauften 1000 Eintrittskarten zum Preise von 4, - Mark je Stück. Davon mussten wir 1340,- RM Vergnügungssteuer abführen. In drei Sälen wurde getanzt. Für 24 Musiker, das heißt drei Kapellen (10-10-4), bezahlte ich für die Zeit von 18 bis 03 Uhr 2400,- RM. Alles erschien in großartiger Ballgarderobe. Den Höhepunkt bildete eine große offene Polonaise.
Am 16. oder 17. März feierten wir, ebenfalls in "Balzers Festsälen" den Winterschüler - Abschlußball. Während des Abends gab es plötzlich ein mächtiges Krachen und Donnern als ob der Krieg wieder ausgebrochen währe.
Das Eis der Elbe brach auf. Draußen regnete es in Strömen.
Die nächsten Tage waren sehr warm und der Schnee taute schnell. Da der Boden noch hart gefroren war konnte er kein Wasser aufnehmen.
Riesige Wassermassen kamen von den Trajuhnschen Feldern durch die Lerchenbergsiedlung und dem Grund welcher zwischen unserem Haus und Friedrichstadt lag. Die Gehöfte und Gärten der Kreuz- und Wiesenstraße standen knietief im Wasser. Ebenso die tiefer gelegenen Häuser der Lerchenbergsiedlung.
Riesige Eisschollen auf der Elbe drohten die über die Elbe führende Holzbrücke wegzureißen. Rechts und links der Brücke hatten die Russen je ein Geschütz aufgebaut, um im direkten Beschuss große Eisschollen vor den Brückenpfeilern zu zerschießen. Vor dem Gesundheitsamt stand eine Granatwerferbatterie die ebenfalls auf die Eisschollen schoss. Weitere Granatwerferbatterien standen entlang der Elbe bis Elster.
Im Sommer fanden wir auf den Wiesen teilweise größere Lehmberge die das Eis mitgebracht hatte.
Vom Herbst 1950 bis Frühjahr 51 besuchte ich die Spezialschule für Ackerbau in Jessen / Elster.
Über die Abschlussprüfung möchte ich ausführlicher berichten, weil sie zeigt wie die Partei und die politische Führung arbeiteten.
Die Prüfungskommission, bestehend aus etwa 6 Personen, reiste schon am Vortage an. Der Gruppenleiter war erst eine Woche vorher von der Zentralschule aus Moskau gekommen. Sie waren den ganzen Nachmittag unter uns und verwickelten uns in die verschiedensten Gespräche.
Ihr Aufenthaltsraum war ein Lehrerzimmer, welches neben unserem Schlafraum lag. Beide Räume waren durch eine Tür verbunden die aber auf der Lehrerzimmerseite durch einen Schrank verstellt war. Wir waren schön ruhig und konnten jedes Wort hören, was drüben gesprochen wurde.
Die Kommissionsmitglieder gaben dem Leiter der Gruppe Berichte, wie sich die Schüler in der Diskussion zu den verschiedensten politischen Fragen geäußert hatten.
Wir hatten in der Klasse einen gewissen Blenke. Er war staatlich geprüfter Landwirt. Da er Mitglied der NSDAP gewesen war, bekam er keine Anstellung und wollte versuchen als Ackerbauberater wieder ins landwirtschaftliche Berufsleben zu gelangen. Dieser Mann trug eine Stiefelhose, Langstiefeln, eine grüne Joppe und einen grünen Hut.
Wir hörten wie die Kontaktperson berichtete. Sie hatte ihn unter anderem gefragt wie er denn denkt, an der Seite der Sowjetunion, den Frieden zu verteidigen. Seine Antwort war, er habe vom Krieg die Schnauze voll. Wenn sich welche die Knochen kaputt schlagen wollen, sollen sie es tun, aber bitte ohne ihn. Die Meinung der Kommission war, dass ein Mann mit Langstiefeln, grüner Joppe und grünen Hut ein typischer Inspektortyp ist und bei einer solch unmögliche Meinung auf keinen Fall auf die Neubauern losgelassen werden kann.
Er war schon durch die Prüfung gefallen, ehe sie begonnen hatte.
Am Abend nach der Prüfung, ich hatte sie mit dem zweitbesten Ergebnis bestanden, wurde ich mit dem Primus von der Prüfungskommission zu einem Umtrunk in eine Gaststätte eingeladen. Wir saßen im Vereinszimmer und die ganze Unterhaltung der Prüfungskommissionsmitglieder bestand im Erzählen politischer Witze. Das zu einer Zeit, da solches bei bekannt werden mit schwersten Strafen geahndet wurde.
Die Witze waren ja auch für uns interessant, aber das gemeine war nur, dass sie zu vielen Witzen noch ergänzten, wie viel Jahre Zuchthaus für diese Witze in den verschiedensten Städten schon verhängt worden waren.
Im Januar 1956 legte ich die Meisterprüfung als Feldbaumeister ab. Um zur Prüfung zugelassen zu werden, musste ich eine politische Beurteilung von der VdgB beibringen. Die bekam ich aber, nur wenn ich den verwaisten Stadtverordnetensitz der VdgB einnehme. So wurde ich also Stadtverordneter und Feldbaumeister. Ich hatte auch die Lehrberechtigung und stellte einen Lehrling ein.
Unser Friedrichstädter Schlossermeister Richard Voigt baute uns dann viele Dinge nach.
Seine Spezialität waren Heugebläse und Mistlader.
Bauernverband Berlin und der Landfrauenberatungsstelle hatte ich sehr gute Kontakte. Wir bekamen von ihnen kostenlos gute Fachbücher und Arbeitssocken die man ewig tragen konnte ohne das sie Löcher bekamen.
Der Bauerverband versorgte uns auch mit Bindegarn und Ersatzteile für unsere Landmaschinen. Er ermöglichte auch drei Friedrichstädter Mädchen, im Winter eine Landwirtschaftsschule in Westdeutschland zu besuchen. Dieses ist heute noch in meinen Stasi-Akten nachzulesen.
Die DDR-Behörden wollten den Ausstellungsbesuch unterbinden und in Kontrollstellen rund um Berlin - für uns war es der Bahnhof Berlin-Schönefeld- wurden alle Personen in deren Personalausweis als Beruf Landwirt, Gärtner oder ohne Beruf stand an der Einreise nach Berlin gehindert und zurück geschickt. Nachdem wir das wussten, fuhren wir einen Tag vor der Eröffnung nach Berlin und suchten uns durch die Zimmervermittlung Quartiere.
In Wittenberger Schulen und in der Gaststätte "Teucheler Weinberge" wurden für aus Russland heimkehrende kranke deutsche Soldaten Heimkehrerlazarette eingerichtet. In diesem Zusammenhang entstand auch der Teucheler Friedhof.
Jetzt, 50 Jahre nach Kriegsende, wurde in den Zeitungen viel berichtet, was Zeitzeugen damals erlebt haben. Ich hatte verschiedentlich den Eindruck, dass so einiges nicht selbst erlebt, sondern nur gehört und weitererzählt wurde bzw. getrübt in der Erinnerung ist. Verschiedentlich wurde von vielen russischen Panzern berichtet.
Obwohl zwischen Arado und Flakkaserne vom Morgen des 23.4. bis Mittag des 26.4. gekämpft wurde, sah man nicht einen abgeschossenen Panzer.
Trotz aller Diskussionen blieb für mich lange die Frage offen,: An welcher Stelle überquerten die russischen Truppen die Elbe? Am Vormittag des 26.4. war die Elbbrücke gesprengt worden und in der Nacht zum 4.5. trafen bespannte russische Einheiten in Schleesen ein.
Vor zwei Jahren überraschte mich ein Brief aus Berlin. Ein dort wohnender Bürger hatte im Wittenberger Heimatkalender 1998 meinen Bericht über das Kriegsende gelesen. Er hatte dieses in Mühlanger erlebt und den Bau einer Holzbrücke bei Elster beobachtet.
Ich kann mich auch erinnern, im Frühsommer kam ein Funktionär der neuen Ordnung und erzählte: "Heute haben wir den Gerischer als Bürgermeister eingesetzt. Er bekommt im Monat 300, -- Mark. Wenn ihm das nicht passt, kann er gehen."
Als die Russen kamen, mussten wir auch unsere Radios abgeben.
Die Genehmigung 15862, Karteinummer 7362 vom 15. 3. 1946 erlaubte uns die Inbetriebnahme eines selbstgebauten Radios bis zu 3 Röhren. Der monatliche Rundfunkbetrag betrug 2,-- M.
Dieses waren dann aber keine neuen Radios, sondern durch Bastler hergestellte Eigenbauten.