Die Feldpolizeiordnung

Die ständige Weiterentwicklung des Preußischen Staates machte es erforderlich, daß schon seit Jahrhunderten geltende Allgemeine Landrecht durch die Feld-Polizei- Ordnung vom 1. November 1847 zu ersetzen. Die damit auch verbundene Weiterentwicklung und Festigung des Behördenapparates löste damit nach und nach die Bedeutung der Hufenrichter ab.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen verordnen, um den Landbau einen einen wirksameren Schutz zu gewähren, auf den Antrag unseres Staatsministeriums, nach Anhöhrung unserer getreuen Stände und nach vernommenen Gutachten einer aus Mitgliedern des Staatsraths ernannten Kommission, für alle Landestheile, in denen das Algemeine Landrecht Gesetzeskraft hat, mit Ausschluß der zur Rheinprovinz gehörigen Kreise Rees und Duisburg, was folgt:
§ 1. Die gegenwärtige Feldpolizei Ordnung findet sowohl auf städtische, als auf ländliche Orte und Feldmarken Anwendung.
§ 2 Niemand darf sein Vieh außerhalb geschlossener Höfe oder anderer eingefriedigter Plätze unbeaufsichtigt umherlaufen lassen. Wer solches thut, ist mit Geldbuße von fünf Silbergroschen bis zu drei Thalern zu bestrafen.
Diese Vorschrift kann jedoch für Orte, wo es nach den Verhältnissen erforderlich erscheint, durch Verordnungen der Ortspolizei-Behörden, mit Zustimmung der Gemeinden, abgeändert werden. Auf dem Lande muß die Bestätigung des Landraths hinzutreten. Soll aber in einer solchen Lokalverordnung eine höhere, als die vorstehend bestimmte Strafe angedroht werden, so ist dazu die Genehmigung der Regierung nöthig.
§ 3 Wer sein Vieh anders, als unter der Aufsicht eines hierzu tüchtigen Hirten zur Weide gehen, oder außerhalb eingefriedigter Plätze weiden läßt, soll mit Geldbuße von fünf Silbergroschen bis zu drei Thalern bestraft werden.
Wird Vieh auf einem fremden Grundstück betroffen, auf welchem solches überhaupt, oder zur Zeit nicht geweidet werden darf, so kann das Selbe gepfändet werden.
In den folgenden Punkten wird viel über Pfändung gesprochen. Ich denke,daß damit eine Festsetzung bzw. eine Beschlagnahme gemeint ist.
Zu einer solchen Pfändung (§4) ist nicht nur der Besitzer des Grundstücks, sondern auch jeder befugt, dem ein Nutzungsrecht daran zusteht. Namens der Berechtigten kann die Pfändung auch von denjenigen Personen vorgenommen werden, welchen die Aufsicht über das Grundstück aufgetragen ist, oder die zur Familie oder zu den Dienstleuten der Berechtigten gehören.
§. 6 Die abgepfändeten Stücke Vieh haften für das Pfandgeld, den entstandenen Schaden, und alle durch die Pfändung entstandenen Kosten.
Sind mehre Stücke Vieh, oder eine ganze Heerde übergetreten, so dürfen dennoch, in sofern dies ausführbar ist, nicht mehr Stücke Vieh gepfändet werden, als erforderlich sind, um die durch die Beschädigung entstandenen Forderungen zu decken, den Beweis der Beschädigung zu sichern, und weiteren Schaden abzuwenden.Das Pfandgeld muß von dem Besitzer des Viehes an den Beschädigten für jedes Stück Vieh, welches übergetreten ist, und zwar selbst dann entrichtet werden, wenn eine Pfändung nicht geschehen ist.
Das Pfandgeld beträgt:
1, wenn das Vieh betroffen worden ist auf besäeten oder bepflanzten Aeckern, in Gärten, Baumschulen, Hopfenanlagen oder auf Weinbergen, auf künstlich gebauten oder auch solchen Wiesen oder mit Futterkräutern besäeten Weiden, welche den Besitzer selbst noch mit der Hütung verschont, oder die derselbe eingefriedigt hat, oder auf Dämmen, Deichen, Buhnen, Deckwerken oder gedeckten Sandflächen:
a, für ein Pferd, einen Esel oder ein Stück Rindvieh zwanzig Silbergroschen;
b, für ein Schwein, eine Ziege, ein Schaf, ein Füllen oder ein Stück Jungvieh unter zwei Jahren, acht Silbergroschen;
c, für eine Gans oder ein Stück Federvieh anderer Art, einen Silbergroschen;
2, in allen anderen Fällen, wohin auch das unbefugte behüten der Wege, Plätze, Dorfstraßen oder Dorfanger gehört:
a, für ein Pferd, einen Esel oder ein Stück Rindvieh, fünf Silbergroschen;
b, für ein Schwein, eine Ziege, ein Schaf, ein Füllen oder ein Stück Jungvieh unter zwei Jahren, zwei Silbergroschen;
c, für eine Gans oder ein Stück Federvieh anderer Art, drei Pfennige.
§ 9
Ist jedoch gleichzeitig eine Mehrzahl von Stücken Vieh übergetreten, so soll der Gesamtbetrag des zu entrichtenden Pfandgeldes:
a, für Pferde, Esel, Rindvieh, Schweine, Ziegen und Schafe, unter den Voraussetzungen des §. 8. No.1. die Summe von zwanzig Thalern, unter denen des §.8. No:2. die Summe von fünf Thalern;
b für Gänse und anderes Federvieh, unter den Voraussetzungen des §.8. Nr: 1. die Summe von zwei Thalern, und unter denen des §.8. No:2 die Summe von Funfzehn Silbergroschen, nicht übersteigen dürfen.
§ 10 Die in den §.§.8.und 9. vorgeschriebenen Sätze des Pfandgeldes können für ganze Kreise auf den Antrag der Kreisstände, für einzelne Feldmarken aber auch auf den Antrag der Ortspolizei- Behörde und mit Zustimmung der Gemeinden durch Verordnungen der Regierungen verändert, und in ihrem Betrage erhöht oder verringert werden.
§. 11 Das Pfandgeld verteilt die Stelle des Schadenersatzes. Erachtet jedoch der Beschädigte dasselbe hiezu nicht für genügend, so steht ihm frei, statt des Pfandgeldes die Ermittlung und den vollen Ersatz des Schadens zu fordern; außer dem letzteren kann er aber alsdann in den Fällen des §.8.No.1 auch noch für die übergetretenen Stücke Vieh das geringere Pfandgeld /: §. 8. No. 2. und §. 9. :/ verlangen.
§ 12 Das Pfandgeld ist in jedem einzelnen Falle nur einmal zu erlegen, selbst alsdann, wenn durch den Übertritt des Viehes auf ein Grundstück mehrere Personen, z. B. der Besitzer und ein Nutzungsberechtigter, in ihren Rechten verletzt worden sind, oder wenn sich der Übertritt zugleich auf mehrere Grundstücke verschiedener Besitzer erstreckt hat.
§ 13 In Fällen der in §. 12 . bezeichneten Art gebührt das Pfandgeld allein demjenigen Beschädigten, welcher die Pfändung bewirkt, oder den Übertritt zuerst angezeigt hat. Die übrigen Beschädigten bleiben aber berechtigt, den Ersatz ihres Schadens besonders zu fordern. Hat ein Feldhüter, der über die beschädigten Grundstücke die Aufsicht zu führen hatte /: §. 50 :/, die Pfändung oder die Anzeige bewirkt, so wird das Pfandgeld zwischen allen Beschädigten gleichmäßig getheilt.
§ 14. Wer vorsätzlich unbefugterweise Vieh auf einem fremden Grundstücke hütet, ist nicht nur zur Erlegung des Pfandgeldes und zum Schadenersatze nach den vorstehenden Bestimmungen verbunden, sondern soll überdies mit Geldbuße von einem bis zu zwanzig Thalern bestraft werden. Die verwirkte Strafe ist zu verdoppeln, wenn der Frevel zur Nachtzeit /: §.§. 29. 30. :/ oder an Sonn- und Festtagen verübt wird, oder wenn ein wegen Weidefrevels Verurteilter sich innerhalb Jahresfrist nach dieser Verurteilung eines solchen Frevels aufs Neue schuldig macht. Ist das vorsätzliche Behüten fremder Grundstücke aus Rache oder Bosheit unternommen, so tritt die in den Kriminalgesetzen bestimmte strengere Ahndung ein.
§. 15 Läßt der zur Beaufsichtigung des Viehs bestellte, an sich tüchtige Hirte das Selbe unbeaufsichtigt gehen, oder überträgt er die Aufsicht einer hierzu untüchtigen Person, so trifft ihn eine Geldstrafe von zehn Silbergroschen bis zu drei Thalern.
§ 16. Wenn das unter dere Aufsicht eines an sich tüchtigen Hirten weidende Vieh durch einen unabwendbaren Zufall zu dem Uebertritt auf ein fremdes Grundstück veranlaßt worden ist, so kann weder Pfandgeld noch Schadensersatz dafür gefordert werden, doch bleibt der Beschädigte zu dieser Forderung berechtigt, wenn der Hirte von jenem Zufalle nicht binnen vier und zwanzig Stunden endweder ihm, dem Beschädigten, oder der Ortspolizei-Behörde Anzeige gemacht hat.
§ 17. Ist der Übertritt des Viehes auf ein fremdes Grundstück von dem an sich tüchtigen Hirten verschuldet, so hängt es von der Wahl des Beschädigten ab, ob er sich wegen des Pfandgeldes und Schadenersatzes an den Hirten, oder den Besitzer des Viehes halten will. Thut er das Letztere, so bleibt dem Besitzer des Viehes der Regreß an den Hirten vorbehalten.
§ 18 Außerdem soll in den Fällen des §.17. der Hirte, wenn er vorsätzlich das Vieh auf das fremde Gundstück getrieben hat, mit dem in §. 14. bestimmten Strafe belegt, wenn ihm aber nur eine Vernachlässigung der Aufsicht über das Vieh zur Last fällt, mit Geldbuße von zehn Silbergroschen bis zu drei Thalern bestraft werden. Auch kann der Hirte schon wegen einer solchen Vernachlässigung von seinem Herrn des Dienstes sofort entlassen werden; bei einer vorsätzlich von ihm herbeigeführten Übertretung aber ist der Herr zu einer solchen Entlassung des Hirten, wenn der Beschädigte dieselbe verlangte, verpflichtet und durch die Ortspolizei-Behörde dazu anzuhalten.
§. 19. Was in den §.§. 3.--18. verordnet worden, findet auch auf gemeinschaftliche Heerden und deren Hirten Anwendung.
§. 20. Bei Beschädigungen, welche durch eine gemeinschafliche Heerde geschehen, sind sämtliche Hütungsgenossen dem Beschädigten für das Pfandgeld, den Schadenersatz und die Kosten solidarisch verhaftet; unter sich aber tragen sie dazu nur nach Verhältnis des Viehes bei, welches ein jeder von ihnen zur Zeit der Beschädigung in der gemeinschaftlichen Heerde gestellt hat.
§. 21 Dafür, daß die gemeinschaftliche Heerde unter die Aufsicht eines tüchtigen Hirten gestellt werde, hat der Gemeindevorstand zu sorgen. Wo Köhr-oder Feldämter oder besondere Vorstände der Hütungsgenossenschaften vorhanden sind, liegt diesen ob, dafür zu sorgen.
§. 22. Wie viel gemeinschaftliche Hirten zu halten, und ob die verschiedenen Vieharten abgesondert oder gemischt zu hüten sind, ist durch Beschlüsse der Gemeinde und an Orten, wo nicht alle Gemeindeglieder an der gemeinschaftlichen Weide Theil haben, durch Beschlüsse der Hütungsgenossenschaft mit Genehmigung des Gemeindevorstandes zu bestimmen.
§. 23. Jeder Theilnehmer eines gemeinschaftlichen Hütungsrechts ist bei dessen Ausübung verpflichtet, sein Vieh dem gemeinschaftlichen Hirten vorzutreiben und von diesem hüten zu lassen, sofern ihm nicht das Recht zum Einzelhüten herkömmlich oder vermöge besonderen Rechtstitels zusteht, oder die in §. 24. gedachte Ausnahme eintritt.
Wer unbefugter weise sein Vieh auf der gemeinschaftlichen Weide sein Vieh allein hütet, soll mit Geldbuße von zehn Silbergroschen bis zu drei Thalern bestraft werden.
§. 27. Auf Hütungsplätzen, die von so geringen Umfange sind, daß ein Uebertreten des Viehes auf die benachbarten fremden Grundstücke leicht zu besorgen steht, muß das Vieh mit Stricken an festen Gegenstände angebunden /: gedütert :/ , oder an Stricken geführt werden. Letzteres muß auch dann geschehen, wenn das Vieh auf Wegen zur Weide gebracht wird, denen die erforderliche Breite fehlt.
Wo ein Bedürfniß zu einer dieserhalb zu treffenden allgemeinen Lokalordnung vorhanden ist, kann dieselbe auf dem in §. 25. bezeichneten Wege festgesetzt werden. Wer diesen Vorschriften zuwider handelt, ist mit Geldbuße von zehn Silbergroschen bis zu drei Thalern zu bestrafen.
§. 28. Grundstücke, welche nicht auf allen Seiten so eingeschlossen sind, daß dadurch das Austreten des Viehes verhindert wird, dürfen nur während der Tageszeit zur Viehweide benutzt werden.
§.29. Wenn das weidende Vieh nicht über Nacht in Hürden oder anderen geschlossenen Räumen verbleibt, so muß das Selbe spätestens eine Stunde nach Sonnenuntergang zu Stalle gebracht sein, und darf nicht früher, als eine Stunde vor Sonnenaufgang wieder ausgetrieben werden.
§. 30. Verbleibt das Vieh über Nacht im Freien in Hürden oder anderen geschlossenen Räumen, so darf dasselbe nicht vor Sonnenaufgang auf die Weide gebracht werden, und muß bei Sonnenuntergang wieder eingetrieben sein.
§. 31. Für solche Feldmarken oder Bezirke, in denen das nächtliche Hüten auf ungeschlossenen Grundstücken üblich gewesen und nach den eigenthümlichen wirschaftlichen Verhältnissen, endweder für die ganze Weideperiode oder für einen Theil der selben, nicht zu entbehren ist, kann dasselbe durch durch besondere, nach Bestimmung des §. 25. zu errichtenden Lokalordnungen gestattet werden, in welche die zum Schutze gegen Beschädigungen und Mißbräuche erforderlichen Maaßregeln vorgeschrieben sind.
§. 32. Wer den Bestimmungen der §.§. 28--30. oder einer nach §.31. errichteten Lokalordnung zuwider handelt, wird, auch wenn kein Vieh auf ein fremdes Grundstück übergetreten ist, mit Geldbuße von zehn Silbergroschen bis zu drei Thalern belegt. Diese Strafe ist beim ersten Rückfall /: §.14.:/ bis zum doppelten, bei ferneren Rückfällen bis zum vierfachen Betrag zu verschärfen.
§. 33. Tritt Vieh zur Nachtzeit auf fremde, dem Hütungsrecht nicht unterliegende Grundstücke über, so ist außer der nach §.32. eintretenden Strafe, das Pfandgeld doppelt dafür zu entrichten. Auch sind alle diejenigen, welche an dem nächtlichen Hüten theil nehmen, für Pfandgeld und Schadenersatz dem Beschädigten solidarisch verhaftet, unter sich aber tragen sie dazu nach Verhältniß des von einem jeden unter ihnen nächtlich gehüteten Viehes bei.
§. 34. Viehtreiber, welche ihre Heerden zur Nachtzeit /§29/ treiben, müssen bei Vermeidung einer Strafe von zehn Silbergroschen bis zu drei Thalern, von Ort zu Ort einen von ihnen zu lohnenden Begleiter zur Aufsicht mitnehmen.
§. 35. Auf den der gemeinschaftlichen oder wechselseitigen Hütung unterliegenden Wiesen oder Fettweiden findet, soweit durch Statuten oder Gewohnheiten nicht ein Anderes festgestellt ist, die Vorhut in den Provinzen Preußen und Pommern nur bis zum ersten Mai, in den übrigen Provinzen nur bis zum ersten April, die Nachhut auf den Fettweiden in den Provinzen Preußen und Pommern nicht vor dem ersten Oktober, in den übrigen Provinzen nicht vor dem ersten November, auf Wiesen dagegen in allen Provinzen erst nach völlig beendigter Heuernte und auf zwei-und mehrschnittigen Wiesen nicht vor dem 1. Oktober statt.
Diese Termine können, wo ein Bedürfniß dazu obwaltet, durch Lokalordnungen aus dem in § 25 bezeichneten Wege anders bestimmt werden.
§. 36 Nasse, durchbrüchige Wiesen müssen zu allen Jahreszeiten mit fremder Hütung verschont werden.
Neugebaute oder umgebaute Wiesen sind mit fremder Hütung während der ersten zwei Jahre nach Ausführung der Anlage ganz zu verschonen. Auch muß die Schonung in der späteren Zeit noch so lange und in dem jenigen Umfange fortgesetzt werden, als sie zur Vollendung der Anlage und zur Sicherung ihres Zweckes nothwendig ist.
Die in allen diesen Fällen etwa erforderlichen besonderen Festsetzungen sind von den in dem §. 25. genannten Behörden auf die ebendaselbst vorgeschriebene Weise zu treffen.
§. 37. Auf einzelnen, im Gemenge liegenden ünd der gemeinschaftlichen oder wechselseitigen Hütung, unterworfenen Feld-und Wiesenstücken durch die Hütung nicht eher ausgeübt werden, als bis die Aberndtung der Früchte und die Werbung des Heues auch auf allen anderenzu demselben Feldtheile / dem Winter- oder Sommergetreidefrelde etc/ gehörigen Stücken geschehen ist. Den Zeitpunkt, mit welchem die Hütung auf den abgeerndteten Stücken allgemein beginnen darf, hat die Ortspolizei-Behörde zu bestimmen.
§. 38. Die Vorschriften der §§. 35. bis 37. treten auch dann ein, wenn die Hütungsbefugnis auf einem einseitigen Dienstbarkeitsrechte beruht. Dagegen finden diese Vorschriften in allen denjenigen Fällen keine Anwendung, in welchen durch entgegenstehende rechtsbeständige Willenserklärungen, rechtskräftige Erkenntnisse oder durch Verjährung rücksichtlich des Zeitpunktes oder der Art der Ausübung ein abweichendes Rechtsverhältnis begründet ist.
Wegen der Einschränkung solcher besonderen Rechte gegen Entschädigung, sowie wegen Einführung anderweiter Ordnungen zur besseren Benutzung der Grundstücke, verbleibt es bei den Vorschriften und dem Verfahren des zweiten Abschnitts der Gemeinheitstheilungs-Ordnung vom 7. Juni 1821.
§. 39. An Orten, wo ein Pfandstall nötig ist, hat die Gemeinde einen solchen zu beschaffen.
§. 40. Tauben, welche jemand hält, ohne oder ein wirkliches Recht dazu zu haben, sind, wenn sie im Freien betroffen werden, ein Gegenstand des Thierfangs / Allgemeines Landrecht Theil I Tit: 9. § III.
Durch Gemeindebeschlüsse kann aber sowohl in Städten, als in ländlichen Gemeinden bestimmt werden, das auch die Tauben desjenigen, welcher ein Recht hat, solche zu halten, wenn die selben zur Saat-und Erndtezeit im Freien und besonders auf den Aeckern betroffen werden, Gegenstand des Thierfanges seyn sollen. Dergleichen Gemeindebeschlüsse bedürfen jedoch zu ihrer Gültigkeit die Bestätigung der Regierung.
§. 41. Mit Geldbuße von fünf Silbergroschen bis zu drei Thalern ist zu bestrafen, wer unbefugterweise:
1, über Gärten, Weinbergen oder vor völlig beendeter Erndte über bestellte Aecker oder Wiesen, oder über solche Aecker , Wiesen oder Weiden, welche eingefriedigt sind, oder deren Betreten durch Warnungszeichen / Tafeln, Strohwische, Gräben u.s.w. : / untersagt ist, oder auf einem durch Warnungszeichen geschlossenen Privatwege geht, reitet, fährt oder Vieh treibt;
2, in Gärten, Obstanlagen, Weinbergen oder auf Aeckern eine Nachlese hält;
3, auf Grasangern oder Hecken Leinwand, Wäsche oder andere andere Gegenstände zum Bleichen, Trocknen u.s.w. ausbreitet oder niederlegt;
4, in Privatgewässern oder auf fremden Grund und Boden Flachs oder Hanf röstet, oder Privatgewässer durch Aufweichen von Fellen darin oder sonst verunreinigt;
5, fremde , auf dem Felde zurückgelassene Ackergeräte gebraucht;
6, das an Grenzrainen, Gräben, Wegen oder Triften wachsende Gras oder sonstige Viehfutter abschneidet oder abrupft;
7, Dünger von Aeckern, Wiesen oder Weiden aufsammelt;
8, Knochen gräbt oder sammelt;
9, die zur Sperrung von Wegen oder von Eingängen in eingefriedigte Plätze dienenden Gatterthore, Pforten, Hecken u.s.w. öffnet oder nach dem Hindurchgehen nicht wieder schließt.
§ 42
1, Erde, Lehm, Grund; Sand, Mergel oder dergleichen gräbt;
Mit Geldbuße von zehn Silbergroschen bis zu fünf Thalern soll bestraft werden, wer unbefugter weise:
2, Plaggen oder Bülten haut oder Rasen stiehlt;
3, Steine gräbt, bricht oder einsammelt, insofern das unbefugte Fortnehmen derselben nicht deshalb, weil sie zum Bergregal gehören, in den Gesetzen mit einer höheren Strafe bedroht ist;
4 Steine, Scherben, Schutt oder Unrath auf fremde Grundstücke oder Privatwege wirft;
5, von Allee-oder Feldbäumen oder von Hecken Laub abpflückt, oder Zweige abbricht;
6, Garten-oder Feldfrüchte in geringer Qantität und unter Umständen, welche die Absicht eines unredlichen Gewinnes ausschließen, z.B. zum Verzehren auf der Stelle, entwendet;
7, das zur Bewässerung von Grundstücken dienende Wasser ableitet.
§. 43. Mit Geldbuße von fünfzehn Silbergroschen bis zu zwanzig Thalern ist zu belegen, wer unbefugterweise
1, sich eines Theiles benachbarter Grundstücke durch Abpflügen, Abgraben oder andere dergleichen Handlungen einen Privatweg oder Grenzrain ganz oder theilweise sich zueignet;
2, Bäume oder Sträucher, welche in Gärten, Obstanlagen, Alleen, auf Acher oder sonst auserhalb eines Dorfes stehen, oder Hecken und andere zur Einfassung von Grundstücken dienende Anpflanzungen abhaut, abbricht oder beschädigt;
3, Einfriedungen anderer Art, Baum- und Prellpfähle oder Brücken auf Privatwegen beschädigt oder zerstört,
4, Steine, Pfähle, Tafeln, Strohwische, Gräben oder oder ähnliche zur Abgrenzung, Absperrung oder Vermesssung von Grundstücken oder Wegen dienende Merk- oder Warnungszeichen fortnimmt , vernichtet oder sonst unkenntlich macht,
5, Gräben, Wälle, Rinnen oder andere zur zur Ab- und Zuleitung des Wassers dienende Anlagen beschädigt; gleicher Bestrafung unterliegt,
6, wer ohne Erlaubnis der Ortspolizei-Behörde Torfmoore abbrennt, oder Heidekraut, Bülten oder ähnliche Gegenstände auf dem Felde anzündet. Sind Handlungen der unter Nr.5 und 6 bezeichneten Art mit gemeiner Gefahr verbunden, wie z. B. die Beschädigung von Deichen oder Dämmen, so unterliegen sie den anderweit in den Gesetzen bestimmten strengeren Strafe.
§. 44 Sowohl in den in §. 41 No.1. bezeichneten Fällen, als auch dann, wenn jemand unbefugter Weise über unbestellte Aecker, abgeerndtete Wiesen oder uneingefriedigte Weiden reitet, fährt oder Vieh treibt, ist die Pfändung der Reit-oder Zugthiere oder des Viehes, sowie die Forderung von Pfandgeld nach den Vorschriften der §§ 4 und folgend zulässig.
Doch findet in allen diesen Fällen weder Pfändung noch Schadensforderung, noch Bestrafung Statt, wenn derjenige, welcher über das fremde Grundstück geritten oder gefahren ist, oder Vieh getrieben hat, hierzu durch die schlechte Beschaffenheit eines an dem Grundstücke vorüberführenden, und zum gemeinen Gebrauche bestimmten Wges genöthigt worden ist.
§. 45 Ist in den Fällen der §.§. 41 bis 43 eine Beschädigung fremden Eigenthums aus Rache oder Bosheit verübt, so muß der Thäter mit den in den Kriminalgesetzen bestimmten strengeren Strafen belegt werden.
§. 46 Die nach dieser Feldpoilizei-Ordnung verwirkten Strafen werden durch Verjährung ausgeschlossen, wenn innerhalb dreier Monate seit der Übertretung eine Untersuchung derselben nicht eingeleitet ist. Auch verjährt der Anspruch des Beschädigten auf Pfandgeld, wenn derselbe nicht innerhalb dreier Monate seit der Uebertretung bei der zuständigen Behörde angemeldet ist.
§. 47 Die nach dieser Feldpolizei-Ordnung verwirkten Geldbußen fließen zur Gemeindekasse des Ortes in dessen Feldmark die Uebertretung verübt ist. Liegen jedoch innerhalb der Feldmark Besitzungen, welche nicht zum Gemeindeverbunde gehören, oder besteht in der Feldmark kein Gemeindeverbund, so sind dergleichen Geldbußen an die Ortspolizei-Behörde zu entrichten, welche dieselben zu gemeinnützigen Zwecken für den Ort zu verwenden, über diese Verwendung aber da, wo eine Gemeinde vorhanden ist, solche zu hören hat.
§. 48 Geldbußen, welche wegen Armut der Schuldigen nicht beigetrieben werden können, sind den bestehenden Vorschriften gemäß in Gefängnisstrafe, oder nach dem Ermessen der erkennenden Behörte in Strafarbeit zu einem gemeinnützigen Zwecke zu verwandeln. Hierbei ist ein Arbeitstag einer eintägigen Gefängnisstrafe gleich zu achten.
§. 49 Eltern, Pflegeeltern und Dienstherrschaften haften, sofern die von ihren im elterlichen Hause sich aufhaltenden Kindern oder Pflegekindern oder von ihren Dienstleuten begangenen Feldfrevel zu ihrem Vortheil gereichen, für die Pfandgelder, Entschädigungen, Kosten und Geldbußen. Kann die Geldbuße gegen den eigentlich Schuldigen nicht vollstreckt werden, so steht der Behörde frei, nach ihrem Ermessen endweder die Geldbuße von jenem subsidiarisch dafür verpflichteten Personen einziehen oder mit Verzichtung hierauf die im Falle des Unvermögens an die Stelle der Geldbuße tretende Gefängnisstrafe oder Strafarbeit an dem Verurtheilten vollstrecken zu lassen.
§. 50 Die Gemeinde kann beschließen, daß für den ganzen Gemeindebezirk, oder für einzelne Theile des Selben Feldhüter bestellt werden, denen die Beaufsichtigung und Sicherung der Gärten, Aecker, Wiesen und deren Früchte gegen Entwendung und sonstige Beschädigungen, sowie die Verfolgung, Pfändung und Anzeige der Beschädiger obliegt. Auch können zu diesem Zwecke Mitglieder der Gemeinde zu Ehrenfeldhütern ( Feldherren) ernannt werden.
§ 51 Den Feldhütern und Ehrenfeldhütern (§ 50 ) soll in Ansehung dessen, was sie über verübte Feldfrevel aus eigener Wahrnehmung bekunden, voller Glaube beigemessen werden, wenn dieselben
2, Hinsichtlich ihrer Tüchtigkeit zu dem Geschäfte von dem Landrathe geprüft und bestätigt, sodann gerichtlich ein-für allemal dahin eidlich verpflichtet sind:
das sie die Feldfrevel, welche in den ihner Aufsicht anvertrauten Bezirken vorfallen und zu ihrer Kenntnis kommen, mit aller Treue, Wahrheit und Gewissenhaftigkeit anzeigen, auch was sie über die Thatumstände der Frevel und über deren Urheber und Theilnehmer entweder aus eigener Sinneswahrnehmung oder durch fremde Mitttheilung erfahren, mit genauer Beachtung des Unterschiedes angeben wollen, und
3. keinen Denunziantenantheil genießen, auch nicht Pfandgelder beziehen.
§. 52 Auch denen zu keinem Gemeindeverbande gehörigen Gutsbesitzern ist die Anstellung von dergleichen Feldhütern (§. 50- 51 ) gestattet.
§ 53 Wer eine Pfändung vorgenommen hat, ist verpflichtet, der Ortspolizei-Behörde spätestens binnen 24. Stunden Anzeige zu machen, und ihre Bestimmung darüber, ob er die Pfandstücke an sie zur Aufbewahrung abliefern, oder bei sich aufbewahren soll, desgleichen, wenn eine Heerde gepfändet worden, auch darüber einzuholen, wie viel Stücke Vieh nach der Bestimmung des §. 7. zurückzuhalten sind.
Wer diese Anzeige unterläßt, verliert zwar dadurch nicht seine übrigen Ansprüche an den Gepfändeten, er kann aber auf dessen Antrag zur sofortigen Rückgabe der Pfandstücke angehalten werden, und hat außerdem seine etwaigen Ansprüche auf Erstattung der Kosten für Wartung, Stallung und Fütterung des gepfändeten Viehes verwirkt.
§. 54. Das abgepfändete Vieh muß sofort freigegeben werden, wenn der Gepfändete durch Niederlegung eines anderen Pfandes oder einer Geldsumme dem Beschädigten für dessen Forderung an Pfandgeld, Schadenersatz und Kosten, hinlängliche Sicherheit bestellt. Ueber die Hinlänglichkeit dieser Sicherheit hat, wenn Streit darüber entsteht, die Ortspolizei-Behörde nach vorläufiger Prüfung und Feststellung jener Forderung zu entscheiden.
§. 55. Die Festsetzung der Kosten für Wartung, Stallung, Wartung und Fütterung der gepfändeten Viehstücke steht der Ortspolizei-Behörde zu. Die Regierungen sind befugt, für alle oder für einzelne Kreise, nach Vernehmung der Kreisstände, allgemein geltende Sätze für Kosten dieser Art zu bestimmen.
§. 56. Die Ortspolizei- Behörde hat, sobald ihr eine Pfändung oder eine zur Forderung von Pfandgeld berechtigende Uebertretung angezeigt wird, beide Theile in möglichst kurzer Frist vor sich zu laden, den Pfänder oder Beschädigten über die Veranlassung zur Pfändung oder Klage, und über seine Forderung an Pfandgeld und Schadenersatz, den Beschädiger aber mit seiner Erklärung hierüber zu hören, auch nöthigenfalls sofort den Beweis durch Besichtigung an Ort und Stelle, oder durch Vernehmung der Zeugen aufzunehmen.
§ 57 Fordert der Beschädigte nur Pfandgeld und Kosten, so gebührt die Entscheidung darüber, sofern nicht der in §. 58 No.1. gedachte Fall eintritt, der Ortspolizei-Behörde.
Verwaltet ein Gutsherr die ihm zustehende Polizei-Gerichtsbarkeit selbst, und ist er, oder einer seiner Angehörigen (§. 46. Tit.17.Thl: II Allgem: Landrechts) bei einem Solchen Falle betheiligt, so steht sie Entscheidung dem Landrathe zu.
§. 58. Dagegen gebührt die Entscheidung des Streits dem Gerichte, wenn 1, der Gepfändete die Rechtmäßigkeit der Pfändung oder die Forderung des Pfandgeldes deshalb bestreitet, weil er ein Recht zu der von ihm vorgenommenen Handlung zu haben behauptet, oder 2, der Beschädigte sich mit dem Pfandgelde nicht begnügen will, und zugleich oder allein den Ersatz des ihm verursachten Schadens fordert.
In beiden Fällen ist die Sache von der Polizeibehörde an das betreffende Gericht zu verweisen, welchem alsdann auch die weitere Bestimmung darüber zusteht, was mit den Pfandstücken, sofern solche nach § 54 noch nicht ausgelöst sind, geschehen soll.
§. 59 Sowohl in den ihrer Entscheidung unterliegenden, als in den nach §. 58 No 2 der gerichtlichen Entscheidung zu überweisenden Streitfällen hat die Polizeibehörde sich zu bemühen, zwischen beiden Theilen einen Vergleich zu Stande zu bringen. Gelingt dies, so ist über den Vergleich ein Protokoll aufzunehmen, auf Grund dessen wie aus einem gerichtlichen Vergleiche, Execution nachgesucht und vollstreckt werden kann.
§. 60 Erscheint derjenige, gegen welchen der Anspruch auf Pfandgeld erhoben ist, auf die ergangene Vorladung (§.56.) nicht, so hat die Polizeibehörde nach thatsächlicher und rechtlicher Erörterung der Sache den Betrag des Pfandgeldes und der Kosten durch ein Resolut festzusetzen, demnächst aber, wenn eine Pfändung geschehen ist und der Gepfändete sich nicht innerhalb 8 Tagen seit der Pfändung meldet, das Pfand öffentlich zu versteigern, den Beschädigten daraus zu befriedigen und den etwaigen Ueberrest des Erlöses an das gerichtliche Depositum des Orts abzuliefern.
§. 61 Auf eben diese Weise ( § 60 ) hat die Polizeibehörde in denjenigen Fällen zu verfahren, in welchen eine Pfändung geschehen ist, der Gepfändete aber, weil seine Person oder sein Auffenthalt unbekannt war, zu der nach §. 56 vorzunehmenden Verhandlung nicht vorgeladen werden konnte.
§. 62. Zur Erörterung der Sache gehört es auch, wenn der in Anspruch Genommene behauptet, daß, die Beschädigung durch die eigene Schuld und Nachlässigkeit des Pfändenden veranlaßt sei.
§. 63 Verlangt der Beschädigte die Abschätzzung des Schadens, so hat die Polizeibehörde solche, selbst in denjenigen Fällen, welche der gerichtlichen Entscheidung unterliegen ( §. 58 ) ungesäumt zu veranlassen, und dazu nicht nur den Beschädigten, sondern auch den Beschädiger vorzuladen. Erscheint der Beschädiger auf die Vorladung nicht, oder kann derselbe, weil seine Person oder sein Aufenthalt unbekannt ist, nicht vorgeladen werden, so kann auch ohne ihn die Abschätzung vorgenommen werden.
§. 64. Der Schade ist an Orten, wo Dorfgerichte vorhanden sind, durch diese, sonst aber durch andere vereidete Sachverständige abzuschätzen.
Sind die Dorfgerichte oder die ganze Gemeinde bei dem Ausgange der Sache betheiligt, so muß die Abschätzung durch benachbarte unbetheiligte Dorfgerichte oder durch andere Sachverständige geschehen.
§. 65. Für Orte oder Bezirke, wo ein Bedürfnis dazu obwaltet, sind zu dergleichen Abschätzungen (§.64 ) sachverständige Taxatoren zu bestellen und ein für allemal gerichtlich zu vereiden. Auf dem Lande erfolgt eine solche Bestellung auf den Vorschlag der Ortsbehörden durch den Landrath, in den Städten durch den Magistrat.
§. 66. Die den Taxatoren zu gewährenden Gebühren sind von demjenigen, welcher die Abschätzung beantragt hat, mit Vorbehalt seines Regresses an den Beschädigten zu zahlen. Die Regirungen sind befugt, die Sätze solcher Gebühren für ganze Kreise nach Vernehmung der Kreisstände, oder oder für einzelne Orte nach Vernehmung der Ortsbehörden und Gemeinden allgemein festzustellen.
§. 67. Gegen die Entscheidung der Polizeibehörde über Pfandgeld und Kosten kann jede Partei, welche sich dadurch verletzt erachtet, innerhalb der nächsten zehn Tage, nach der ihr geschehenen Verkündung der Entscheidung, den Recurs an die vorgesetzte Regierung einlegen.
Uebersteigt die Summe, über welche entschieden ist, den Betrag von zehn Thalern, so steht der beschwerdeführenden Partei frei, binnen jener Frist statt des Recurses an die Regierung auf gerichtliche Erörterung und Entscheidung der Sache anzutragen; hat dieselbe den Recurs schon einmal eingelegt, so kann sie die gerichtliche Erörterung nicht mehr fordern.
Gegen die in Folge des Rekurses von der Regierung getroffene Entscheidung ist kein weiteres Rechtsmittel zulässig.
§. 68 Ueber die in dieser Feldpolizei-Ordnung mit Strafe bedroheten Uebertretungen jeder Art steht der Polizei-Behörde die Untersuchung und Entscheidung zu.
§. 69 Gegen das polizeiliche Strafresolut ( § 68 ) kann der Verurtheilte, innerhalb der nächsten zehn Tage nach der Verkündigung, den Rekurs an die Regierung einlegen; er ist aber, wenn die gegen ihn festgesetzte Srafe eine Geldbuße von zehn Thalern, oder eine Gefängnisstrafe oderr Strafarbeit von vierzehn Tagen übersteigt, auch befugt, binnen der selben Frist, statt des Rekurses auch gerichtliche Untersuchung und Entscheidung anzutragen. Diese Befugnis fällt weg, wenn er den Rekurs einmal eingelegt hat. Gegen die in Folge des Rekurses von der Regierung getroffene Entscheidung ist kein weiteres Rechtsmittel zulässig.
§. 70. An Orten, wo gegenwärtig die Feldpolizei und feldpolizeiliche Gerichtsbarkeit nicht durch die gewöhnlichen Ortspolizei-Behörden, sondern durch Feldämter oder andere zu diesem Zwecke eingesetzte, im Dienste der Gemeinde oder einzelner Gemeindeklassen oder Korporationen stehende, Behörden verwaltet wird, gehen auf diese Behörden, für den bisherigen Umfang ihres Geschäftskreises, alle die Befugnisse und Obliegenheiten über, welche in dieser Feldpolizei-Ordnung den Ortspolizei-Behörden zugetheilt sind.
§. 71. Den an einigen Orten herkömmlich bestehenden Grenzregulirungs-und Feldmeßämtern verbleibt die Befugnis und Verpflichtung, für die Erhaltung der richtigen Grenzen zwischen den Flurnachbarn zu sorgen, und dieserhalb entstehende Streitigkeiten vorbehaltlich des Rechtsweges zu entscheiden.
§. 72. Die Regierungen sind befugt, an solchen Orten, wo dies wegen zu großer Entfernung des Sitzes der Polizeibehörde oder aus anderen Gründen angemessen erscheint, die Verwaltung der Feldpolizei und der feldpolizeilichen Gerichtsbarkeit nach Inhalt dieser Ortnung ganz oder theilweise den Dorfgerichten oder dem Orts-oder Gemeindevorstande aufzutragen.
Auch können die Regierungen, nach eingeholter Genehmigung des Ministers des Innern, für einzelne Orte, oder aus mehreren Ortschaften zu bildende Bezirke, zur Verwaltung der Feldpolizei und feldpolizeilichen Gerichtsbarkeit besondere Feldämter errichten, die aus mindestens drei vom Landrathe in Vorschlag zu bringenden, und gerichtlich zu vereidigenden Grundbesitzern zusammen zusetzen sind. Alle dergleichen Einrichtungen dürfen jedoch für Orte, über welche die Polizeigerichtsbarkeit einer Privatperson zusteht, nur mit deren Zustimmung getroffen werden.
§. 73 Wo ein Bedürfniß dazu obwaltet, wegen der Räumung und Instandhaltung von Privatflüssen und Gräben, und zu dem Ende wegen Bestellung von Schaurichtern und der demselben beizulegenden Aufsichts-und Strafbefugnisse besondere Ordnungen oder Statuten abzufassen, kann dies auf dem in §. 25. bezeichneten Wege unter Bestätigung der Regierung mit verbindlicher Kraft geschehen.
§. 74. Wo besondere feldpolizeiliche Vorschriften über solche Gegenstände erforderlich machen, in Ansehung deren diese Feldpolizei-Ordnung keine Bestimmungen enthält, können darüber Kreis- oder Lokalverordnungen, nach Anhörung der Kreisstände, oder der Ortspolizei-Behörden, der Gutsherrschaften und Gemeinden, mit Genehmigung und unter Bestätigung Unserer Minister des Innern und der Justiz erlassen werden.
§. 75. Die gegenwärtige Feldpolizei-Ordnung soll am 1.ten Januar 1848 in Kraft treten. von diesem Zeitpunkt ab verlieren alle bisherigen allgemeinen, provinziellen, statutarischen oder, sonstige Vorschriften über Gegenstände, worüber diese Feldpolizei-Ordnung Bestimmungen enthält, soweit nicht ausdrücklich auf sie verwiesen ist, ihre Wirksamkeit. Doch verbleibt von der Halberstätischen Feldordnung vom 27. Juli 1759., wo dieselbe bisher gegolten hat, der §. 38 derselben, indessen auch diese nun soweit in Kraft, als er die Schaafhirten verpflichtet, für den Schadenersatz solidarisch zu haften; die darin ausgesprochene solidarische Verpflichtung dieser Personen für die Strafen wird aufgehoben. Von den im Allgemeinen Landrecht Thl.I Tit. 14 Abschnitt 4. enthaltenen Vorschriften über Pfändungen bleiben in Beziehung auf Gegenstände dieser Feldpolizei-Ordnung nur diejenigen gültig, welche in den hier beigedruckten Anhang aufgenommen sind.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen ?-siegel.
Gegeben Sanssouci, den 1. November 1847.
Friedrich Wilhelm.
v. Savigny. v. Bodelschhwingh. Uhden
beglaubigt:
Bode.

Anhang zur Feldpolizeiordnung Bevor die Feldpolizeiordnung zum Gesetz wurde war das Allgemeine Landrecht verbindlich. Auszug aus dem von Pfändungen handelnden Abschnitt 4. Titel 14, Theil I des Allgemeinen Landrechts
§. 418. Gegen Posten, Stafifetten und Kuriere ist keine Pfändung erlaubt.
§. 419. Die Pfändung darf nur auf frischer That, nachdem die Beschädigung oder Störung erfolgt ist, geschehen
§. 420. Außerhalb der Grenzen der Feldfur, auf welcher die Beschädigung oder Störung erfolgt ist, darf der Beeinträchtigte den Beschädiger oder Störer mit Pfändung nicht verfolgen.
§. 421 Hat jemand auf einer fremden Feldflur ein auf einen gewissen Distrikt eingeschränktes Recht, so kann er nur innerhalb dieses Distrikts Pfändungen vornehmen.
§. 422 Erstreckt sich das Revier, innerhalb dessen Jemand ein Recht auszuüben hat, über die Grenzen einer Feldflur hinaus, so bestimmen die Grenzen des Reviers den Bezirk, in welchen er Pfändungen vorzunehmen berechtigt ist.
§. 423 Um der Sache, welche gepfändet werden soll,sich zu bemächtigen, sollen weder gefährliche Waffen, noch reißende Hunde gebraucht werden.
§424. In der Regel sind nur Vieh und andere bewegliche Sachen ein Gegenstand der Pfändung.
§. 426 Ist der Gepfändete erbötig, statt des gepfändeten Stücks ein anderes Pfand, welches zu vorstehender Deckung des Pfändenden hinreichend ist, niederzulegen, so ist der Pfändende selbiges anzunehmen, und nöthigenfalls dem Andern bis an den nächsten Ort, wo die Niederlegung geschehen kann, zu folgen schuldig.
§. 427 Von Fracht-und Reisewagen dürfen die geladenen Güter, wider den Willen des Inhabers, nicht gepfändet werden.
§. 430 Personen sollen nur alsdann angehalten werden, wenn die Sachpfändung entweder gar nicht oder nicht, ohne sich zugleich der Person zu versichern, bewerkstelligt werden kann.
§. 437 Der Beschädiger ist allemal schuldig, auf die Entschädigung klagen bei den Gerichten des Orts, wo die Pfändung erfolgt ist, sich einzulassen.
§. 458 Einer gesetzmäßig unternommenen Pfändung darf sich niemand widersetzen.
§. 460 Der das einfache Pfandgeld übersteigende Betrag fällt als Strafe, allemal der gemeinen Kassen des Ortes anheim.
§. 461 Wer bei einer vorfallenden Pfändung den Anderen schimpft, schlägt oder sonst beschädigt, soll nach aller Strenge der Kriminalgesetze bestraft werden.
§. 462 Wer unrechtmäßiger Weise gepfändet hat, muß das Pfand dem Anderen kostenfrei zurückliefern und demselben für den verursachten Schaden und entgangenen Gewinn vollständige Genugthuung leisten.
§. 463 Auch hat derjenige, welcher Pfändungen widerrechtlich vornimmt, nach Bewandnis der Umstände die gesetzmäßigen Strafen der unerlaubten Selbsthülfe oder beleidigten Freiheit des Anderen verwirkt. ( Theil II. Zit. 20.Abschnitt 4.12.)
§. 464 Ist die unrechtmäßige Pfändung ohne Verübung persönlicher Gewalt geschehen, so dient der Betrag des im Falle der Rechtmäßigkeit zu erlegen gewesenen Pfandgeldes zum Maaßstabe der dem unbefugten Pfänder aufzulegenden Geldbuße.
§. 465 Auch derjenige, welcher, nachdem er gepfändet worden, sich eigenmächtig wieder in Besitz des Pfandes zu setzen unternimmt, oder eine Gegenpfändung aus vermeintlichen Wiedervergeltungsrecht sich anmaßt, wird nach den Vorschriften §.§.462--464 beurtheilt.
wird hierdurch von uns noch besonders zur allgemeinen Kenntniß gebracht mit dem Bemerken, daß auch die von uns erlassenen sonstigen Vorschriften über Gegenstände, über welche diese Feldpolizei-Ordnung Bestimmungen enthält, mit dem 1. Januar 1848 ihre Wirksamkeit verlieren.
Merseburg den 14. Dezember 1847
Königlich Preußische Regierung.
Für die Treue vorbefindlicher 19 Blatt Abschrift:
Wittenberg,den 16. September 1852
Siegel und Unterschrift vom Stadtschreiber

Gegenüber den aus früherer Zeit vorhandenen Protokollen erkennt man, daß sich die staatliche Ordnung wesentlich gefestigt hat. Sicher waren die vielen Paragraphen vom Umfang und Inhalt auch begründet.
Der Staat hat hiermit auf die Probleme der unterschiedlichen Wirtschaftsformen reagiert, denn die Paragraphen behandeln die Hütegemeinschaften ebenso, wie die Viehhaltung in den Gebieten in denen die Separation bereits durchgeführt wurde.
Die vorgesehenen Möglichkeiten für eventuelle Vergehen lassen den Schluß zu, daß vielen der damaligen Bauern die Umstellung von der Gemeinweide zur eigenständigen Viehwirtschaft gewisse Schwierigkeiten machte.
Aus anderen Protokollen ersieht man, daß der Umfang der Probleme die Möglichkeiten der (ehrenamtlichen) Wittenberger Hufenrichter überstieg und ihre Rolle wurde mehr und mehr von den Ortspolizeibehörden übernommen.

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