Die Hufenrichter und ihre Akten
Während auf den Dörfern häufig die Ortsrichter das Gesetz vertreten mussten, waren es in Wittenberg die Hufenrichter. Sie mussten die Verordnungen des Magistrats überwachen.
Sie wurden von den Bauern gewählt und mussten dann vom Magistrat bestätigt werden.
Die Eigentümer der Kabelhufen besitzen noch eine Fläche Acker von ca. 1 ½ Scheffel Aussaat gemeinschaftlich, (ca. 1½ Morgen) welche der jeweilige Hufenrichter zu seinem Diensteinkommen benutzt.
Aus einem Protokoll von 1893 geht hervor, dass der Hufenrichter
jährlich 18 Mark für Auslagen und Spesen erhält.
Die Bauern wurden als Ackersleute und Hüfner bezeichnet und wurden zu Hüfnerschaften vereint.
Anfangs gab es in Wittenberg 2 Hüfnerschaften. Das waren die Bauern in der Schlossvorstadt und die Kabelhüfner in der Elstervorstadt. Nach der Gründung Friedrichstadts kam hier noch die „Gemarkung Bruderannendorf“ dazu.
Da die Hufenrichter die die Landwirtschaft betreffenden Anordnungen des Magistrats überwachen mussten, bekamen sie Abschriften von den Protokollen der gefassten Beschlüsse.
Diese wurden in der Hufenlade verwahrt.
Die Hufenlade der Schlossvorstadt ging 1945 verloren. Der Inhalt der Lade der Mark Bruderannendorf (mein Vater war hier der letzte Hufenrichter) wurde lange vor der Wende an den damaligen Wittenberger Heimatverein übergeben. Bis auf einige Reststücke sind sie dort abhanden gekommen.
Die Lade der Kabelfhüfner wurde 1945 von Soldaten der Roten Armee aufgebrochen, der Inhalt ist aber noch fast vollständig erhalten.
Von den Erben des letzten Kabelhufenrichters Herrn Richard Höhne, wurden mir die in den Wittenberger Geschichten aufgeführten Protokolle zur Auswertung zur Verfügung gestellt.
Ein Hufen war ein damals gültiges Feldmaß. In Wittenberg gab es Stadt- und Kabelhufen. Über die Größe eines Hufens sind keine sicheren Zahlen bekannt. Wenn man Wittenberger Zahlen hochrechnet könnten ca. 14 -15 ha angenommen werden.
Der Bestand dieser Hüfnerschaften und der Hufenrichter wird schon in einem Protokoll von 1618 erwähnt.
Die Dreifelderwirtschaft in Wittenberg
Die Äcker der Stadt wurden in der Art der Dreifelder wirtschaft bewirtschaftet,
Die Fruchtfolge war
Winterung,
Sommerung und
Brache.
Die Brache wird verschiedenartig benutzt, es wird nämlich;
a, das Galgenfeld, wenn es Brache liegt, 4 Wochen von Johanni umgebrochen und ganz mit
Brachfrüchten bestellt, wogegen
b von dem Luthersbrunnenfelde nebst den angrenzenden Klothen, von dem Schloßfelde
und von dem Weinbergsfelde die besseren Ländereien,
durchschnittlich 1/3 der Fläche, 14 Tage vor Johanni umgebrochen und mit Brachfrüchten
bestellt worden. Ein ähnliches Verhältnis findet
c hinsichtlich des langen Reihfeldes und des Lindenfeldes statt, indem bei diesem im
Brachjahre die besseren Ländereien, mit 1/3 der Fläche , 8 Tage vor Johanni umgebrochen
und mit Brachfrüchten bestellt werden. Der Überrest der a b und c genannten Schläge, so
wie alle übrigen Acker-Schläge, mit Ausnahme der weiter unten genannten Freifelder
liegen bis Johanni Brache, werden erst um diese Zeit umgebrochen und mit weißen Rüben und Heidekorn bestellt.
Für die Einhaltung dieser Regelungen waren die Hufenrichter zuständig.
Die sogenannten Freifelder sind:
a das Krautfeld
b das Mittelfeld
c die großen Luchbergstücken
d die kleinen Luchbergstücken
e die Hirsestücken
g das kleine Elzholz
h die breite Angermark
i die Rohrenden und
k die Rohrstücken,
Sie halten keine Brache, werden vielmehr willkürlich bestellt, und sind ganz hutfrei.
Um auf dem landwirtschaftlichen Sektor eine Ordnung zu schaffen schaffte sich der Wittenberger Magistrat
Die Wittenberger Hufenartikel vom 24. April 1618:
Wir Bürgermeister und Raths der Chur-Stadt Wittenberg hiermit tun kund und bekennen, dass heute Acto vor Uns aufen Rathhause erschienen sind, die Hufenherrn und Ackers Leute auf beyden Hufenschlägen allhier und haben uns berichtet wi sie um bessere Ordnung und zu Verhütung allerhand Uneinigkeit sich...usw.......
In 20 Punkten wurde festgelegt, wie sich die Ackersleute zu verhalten haben und bei Nichtbefolgung wurden Strafen angedroht.
Einzelheiten:
1- Wer zu einer einberufenen Beratung nicht erscheint bzw. keine Vertretung schickt, hat beim Hufenrichter 2 Groschen in die Lade zu zahlen.
2. - Strafandrohungen
3 - Beim abpflügen von der Grenze – 6 Groschen. Bei unberechtigten Reklamationen – 27 Groschen für die Besichtigung
4 - Wer mit dem Pfluge oder der Egge über das Land des Nachbars geht - 5 Groschen
5 - 5 Groschen Strafe wenn Vieh auf bestellten Nachbarsfläche Getreide o.ä. abfrisst.
8 - Wer Nachts Rüben abfährt – Je Fuder 1 Taler Strafe
wer beim Nachbar Rüben zieht – 5 Groschen
wer Sonntags Rüben zieht und verkauft – 12 Groschen
10 Wenn der Hufenrichter einen Feldschaden besichtigen will soll ein Zeuge dabei sein. Bei Weigerung – 5 Groschen.
11 Wenn sich Hüfner in der Kneipe streiten – 6 Groschen
wenn sie Bier trinken und sich schlagen – muss das Fas wieder gefüllt werden
Bei der Abrechnung und Biertrinken sollen die zwey Jüngsten alle Zeit aufwarten und sich nicht voll sauffen damit sie das Ihrige bestellen können.
usw
20 Wenn ein Ackersmann oder die Seinigen sterben, sollen alle Ackersleute von beiden Hufenschlägen mit zu Grabe gehen oder jemand schicken – sonst 2 Groschen.
Dieses zu kontrollieren war die Aufgabe des Hufenrichters.
Um über die Entwicklung der Viehbestände die Übersicht zu behalten erstellte man die Wittenberger Viehordnungen vom 11. August 1612.
Und da diese scheinbar nicht richtig funktionierte schon am 14. April 1630 eine neue Viehordnung.
Auch diese hatte nur knapp 100 Jahre Gültigkeit.
Da die Kurfürsten diese Wald- Wiesen- und Ackerflächen nicht der Stadt sondern den Bürgern geschenkt hatten, schaffte man sich einen Verteilerschlüssel der besagte, wie viel Vieh ein Bürger –nach Rang und Ansehen gestaffelt – halten und auf die Gemeinweide treiben durfte.
Da die Entwicklung alles überholte und es scheinbar auch schon Leute gab die spekulierten und sich auf Kosten anderer bereichern wollten, erstellte man
am 28. Mai 1725
Die 27 Capittel der Wittenberger Vieh Ordnung
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